Nachgetragen
Der Blog zu VOB & Nachträgen, Bauverträgen und pragmatischem Nachtragsmanagement

Letzte Woche rief mich ein Coachee an. Kindergarten-Projekt, Spachtelarbeiten auf Gipsputz, knapp kalkuliert – du kennst das. Er wollte über Gerüst-Nachträge reden, um wenigstens ein bisschen was rauszuholen. Der Kunde war zu dem Zeitpunkt schon genervt von Nachträgen aller Gewerke. Keine gute Ausgangslage. Ich fragte: „Gipsputz im Kindergarten?" Er: „Ja, warum?" Ich musste an eine andere Baustelle denken. Ähnliche Konstellation, weicher Putz, später Reklamationen. Kein Mangel von uns – aber ich saß da und musste diskutieren, warum Druckstellen und Kratzer im Gipsputz normal sind. Furchtbar. „Vergiss das Gerüst", sagte ich. „Schlag dem Kunden ein Glattvlies vor." Warum ich das erzähle? Weil mein Coachee genau das gemacht hat – und es lief völlig anders als erwartet. Er ging mit dem Kunden auf die Baustelle. Zeigte ihm die Wand. Drückte mit dem Fingernagel in den Putz. Ganz leicht. „Sehen Sie? Das ist der Untergrund. In einem Kindergarten haben Sie nach sechs Monaten überall Druckstellen und Kratzer." Dann kam sein Vorschlag: „Wir kleben ein Glattvlies auf die Spachtelung. Das macht die Flächen deutlich robuster. Weniger Schäden, längere Renovierungsintervalle – und damit weniger Ausfallzeiten für Ihre Räume." Der Kunde? Überzeugt. Sofort. Das Verrückte: Mein Coachee konnte den Spachtelaufwand reduzieren, weil das Vlies kleine Unebenheiten kaschiert. Gleichzeitig machte er mit dem Vlieskleben eine ordentliche Zusatzmarge. Und der Kunde war am Ende nicht genervt – sondern dankbar. Was hilft? Zwei Dinge, die ich aus solchen Situationen gelernt habe: Erstens: Vor jedem Nachtragsgespräch die Perspektive wechseln. Nicht fragen: „Was will ich durchsetzen?" Sondern: „Welches Problem meines Kunden löse ich?" Mein Coachee wollte ursprünglich Gerüstkosten kompensieren. Das wäre ein Kampf geworden. Stattdessen hat er dem Kunden gezeigt, wie er langfristig Geld spart. Das ist der Unterschied zwischen „Ich will was von dir" und „Ich hab was für dich". Zweitens: In Lebenszykluskosten denken, nicht nur in Baukosten. Bauherren rechnen oft nur den Moment. Aber wenn du ihnen zeigst, was in fünf Jahren passiert – weniger Unterhalt, längere Intervalle, keine Ausfallzeiten –, dann rechnest du plötzlich in ihrer Sprache. Und dann wird aus einem lästigen Nachtrag ein Mehrwert, für den sie dich mögen. Die besten Nachträge sind die, bei denen der Kunde am Ende Danke sagt. Viel Erfolg auf deinen Baustellen!

Ich bin mit der D-Mark aufgewachsen und weiß noch genau, was ein Heiermann oder ein Groschen ist. Der Heiermann stand für das silbern glänzende 5-Mark-Stück – damit konnte man damals schon etwas anfangen. Der Groschen hingegen war gerade einmal 10 Pfennig wert. Und ein Groschengrab? Das war etwas, das ständig kleine Beträge verschlang, ohne dass man es sofort merkte – bis am Ende ein beachtlicher Verlust zusammenkam. Genau so kann es Malerbetrieben mit öffentlichen Aufträgen ergehen: Jeder Mehraufwand für Zusatzleistungen, jede unproduktive Stunde durch Bauverzögerungen und jede unklare LV-Position frisst sich wie ein „Groschen“ in die Kalkulation. Am Ende bleibt vom vermeintlich lohnenden Auftrag oft weniger übrig als gedacht – oder sogar ein Minus. Der Preisdruck im Vergabeverfahren Wer im Objektgeschäft tätig ist, kommt an öffentlichen Ausschreibungen kaum vorbei. Schulen, Behörden, Krankenhäuser – oft sind diese Projekte lukrativ und prestigeträchtig. Doch der Weg zum Zuschlag ist selten ohne Risiko. Das Kernproblem: Öffentliche Auftraggeber vergeben in der Regel nach dem Prinzip des „wirtschaftlichsten Angebots“. In der Praxis bedeutet das häufig: Der niedrigste Preis gewinnt. Der Preisdruck ist immens – und verleitet viele Betriebe dazu, knapp oder gar unter Selbstkosten zu kalkulieren, um überhaupt den Auftrag zu erhalten. Doch was auf den ersten Blick nach einer cleveren Markteroberungsstrategie aussieht, kann sich schnell als Bumerang erweisen. Denn die eigentlichen Risiken liegen selten im Preis allein, sondern in den Vertragsbedingungen. Versteckte Fallstricke in den Vergabeunterlagen Öffentliche Ausschreibungen werden nach VOB/A erstellt. Das klingt zunächst nach einer sicheren, standardisierten Grundlage – aber in den Ausführungsbestimmungen verstecken sich oft besonders anspruchsvolle Fristen, ungewöhnliche Ausführungszeiten oder Zusatzleistungen, die im Leistungsverzeichnis nur am Rande erwähnt sind. Unrealistische Bauzeiten: Wenn die Ausführungsfrist zu knapp bemessen ist, entstehen schnell Zusatzkosten für Mehrpersonal oder Schichtarbeit. Veränderte Bauabläufe: Planungsänderungen oder Verzögerungen anderer Gewerke können dazu führen, dass die Kalkulation ins Wanken gerät. Leistungsumfang: Positionen, die im LV nur vage beschrieben sind, werden später oft zu Streitpunkten – insbesondere, wenn der Auftraggeber einen weitergehenden Standard erwartet. Warum „billig“ oft „teuer“ wird Wer unter Preis kalkuliert, um einen Auftrag zu bekommen, hat im Ernstfall keinen finanziellen Puffer, um Mehrkosten abzufangen. Das führt nicht nur zu einer schwächeren Verhandlungsposition, sondern oft zu einer Situation, in der der Betrieb Aufträge faktisch querfinanziert. Besonders gefährlich: Wer die Risiken nicht vor Angebotsabgabe erkennt und dokumentiert, kann sie später kaum noch geltend machen. Die VOB/B bietet zwar Schutzmechanismen, doch diese greifen nur, wenn Fristen eingehalten und Ansprüche sauber begründet werden. Fazit: Ohne Strategie wird der Zuschlag schnell zur Kostenfalle Öffentliche Ausschreibungen können ein starkes Standbein sein – aber nur, wenn Kalkulation, Vertragsprüfung und Risikobewertung professionell erfolgen. Viele Malerbetriebe unterschätzen, wie entscheidend die juristische und organisatorische Vorbereitung ist. Wer hier auf Erfahrung und strukturierte Prozesse setzt, kann nicht nur den Auftrag gewinnen, sondern auch rentabel abschließen. Wer hingegen „blind“ bietet, läuft Gefahr, dass der vermeintliche Prestigeauftrag am Ende den Jahresgewinn auffrisst. 💡 Tipp: In meinen Seminaren zeige ich, wie Sie Ausschreibungsunterlagen gezielt auf Risiken prüfen, Nachtragschancen früh erkennen und Ihre Kalkulation so absichern, dass der Zuschlag nicht zur Kostenfalle wird.




