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und wie Sie damit das holen, was Ihnen zusteht!
„Ihre Rechnung ist nicht prüfbar." - ist das wirklich so?
Warum dieser Einwand oft zu spät kommt und was Sie dagegen tun können
Lesezeit 8 Minuten

„Ihre Rechnung ist nicht prüfbar." – Warum dieser Einwand oft zu spät kommt und was Sie dagegen tun können
Kennen Sie das?
Die Schlussrechnung ist raus, die Leistung abgenommen – und dann landet ein Schreiben auf Ihrem Schreibtisch:
„Rechnung nicht prüfbar. Bitte überarbeiten."
Mehr nicht. Keine konkreten Punkte. Keine Liste mit Beanstandungen. Nur dieser eine Satz, der Ihre Zahlung blockiert.
Viele Malerbetriebe reagieren darauf mit sofortigem Aktionismus: Die Rechnung wird komplett umgeschrieben, Unterlagen nachgereicht, stundenlang telefoniert. Hauptsache, der Auftraggeber ist zufrieden und das Geld kommt endlich.
Aber Hand aufs Herz: Muss das wirklich sein?
Die Antwort lautet häufig: Nein. Denn rechtlich ist dieser Einwand an klare Fristen gebunden. Und wenn Ihre Rechnung objektiv prüfbar ist, läuft die Fälligkeit weiter – unabhängig davon, was der Auftraggeber behauptet.
Das Problem ist nur: Die meisten Betriebe kennen ihre Rechtsposition an dieser Stelle nicht. Deshalb lassen sie sich unter Druck setzen, obwohl sie eigentlich am längeren Hebel sitzen.
Genau darum geht es in diesem Beitrag.
Was „prüfbar" wirklich bedeutet – und was nicht
Im VOB/B-Vertrag ist die Prüfbarkeit der Schlussrechnung eng mit der Zahlung verknüpft. Die Regelung lautet: Die Schlusszahlung wird „alsbald nach Prüfung" fällig – in der Praxis bedeutet das 30 Tage nach Zugang der Rechnung, bei vertraglicher Verlängerung maximal 60 Tage.
Prüfbar heißt im Kern:
- Die Rechnung ist übersichtlich strukturiert
- Sie orientiert sich am Leistungsverzeichnis (Positionen, Bezeichnungen, Gliederung)
- Mengen, Einheitspreise und Nachträge sind so dargestellt, dass ein fachkundiger Prüfer die Rechnung sachlich und rechnerisch nachvollziehen kann
Und jetzt kommt der entscheidende Punkt:
Prüfbar heißt NICHT, dass die Rechnung zu 100 % richtig sein muss.
Ihre Rechnung darf Fehler enthalten und ist trotzdem prüfbar. Das klingt erst einmal paradox, ist aber systembedingt: Der Auftraggeber prüft ja gerade deshalb, um mögliche Fehler zu finden.
Typische Beispiele für Fehler, die die Prüfbarkeit nicht berühren:
- Eine Position ist versehentlich doppelt abgerechnet
- Eine Menge erscheint zu hoch angesetzt
- Ein Nachtrag ist inhaltlich streitig
- Ein Einheitspreis weicht vom LV ab
All das kann und soll der Auftraggeber im Rahmen seiner Prüfung beanstanden. Der richtige Einwand wäre dann: „Position XY wird der Höhe nach bestritten" oder „Nachtrag Z ist nicht anerkannt" – aber nicht pauschal: „nicht prüfbar".
Prüfbarkeit betrifft also die Struktur und Nachvollziehbarkeit Ihrer Rechnung, nicht die endgültige Richtigkeit jedes einzelnen Betrags.
Diese Unterscheidung ist für Sie als Unternehmer bares Geld wert. Denn sie entscheidet darüber, ob Sie in die Defensive geraten oder ob Sie die Zahlung rechtssicher einfordern können.
Der Einwand „nicht prüfbar" ist fristgebunden – und genau das wissen die wenigsten
Hier liegt der Hebel, den viele Betriebe nicht kennen und deshalb nicht nutzen.
Bei einem VOB/B-Vertrag gilt:
- Der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit muss innerhalb der Prüf-/Zahlungsfrist erhoben werden (30 Tage, maximal 60 Tage bei vertraglicher Verlängerung)
- Der Auftraggeber muss konkret benennen, welche Angaben fehlen oder warum genau er die Rechnung nicht prüfen kann
- Pauschale Einwände wie „Rechnung nicht prüfbar" reichen nicht aus
Mehrere Gerichte haben in den letzten Jahren klargestellt: Wer den Einwand deutlich später erhebt oder nur pauschal formuliert, kann sich auf fehlende Prüfbarkeit regelmäßig nicht mehr berufen.
Was bedeutet das für Sie konkret?
Wenn der Auftraggeber am Tag 45 nach Rechnungszugang plötzlich schreibt „Rechnung nicht prüfbar, bitte Aufmaß nachreichen", ohne dass er zuvor etwas moniert hat, ist dieser Einwand höchstwahrscheinlich zu spät.
Wenn er am Tag 15 schreibt „Rechnung nicht prüfbar" ohne weitere Angaben, ist der Einwand zwar rechtzeitig, aber nicht substanziiert genug.
In beiden Fällen haben Sie eine deutlich bessere Rechtsposition, als es sich anfühlt, wenn Sie diesen Einwand zum ersten Mal auf dem Tisch haben.
Das Problem in der Praxis: Die meisten Betriebe reagieren sofort, statt die Zeitachse zu prüfen und die Rechtsposition zu sichern. Genau dadurch verschenken sie ihre stärkste Karte.
Wenn die Rechnung prüfbar ist: Fälligkeit läuft – auch mit Fehlern
Jetzt wird es konkret für Ihre Liquidität.
Die Logik ist einfach:
- Ist Ihre Schlussrechnung objektiv prüfbar (oder gilt sie mangels rechtzeitiger, konkreter Rüge als prüfbar), wird der Werklohn fällig
- Der Auftraggeber kann dann zwar einzelne Positionen bestreiten oder kürzen, aber er kann die Zahlung nicht mehr pauschal blockieren
- Nach Ablauf der Prüfungs-/Zahlungsfrist tritt bei VOB/B-Verträgen Verzug ein, wenn nicht gezahlt wird
Was heißt das für Sie?
- Die Fälligkeit Ihrer Forderung hängt nicht davon ab, wie oft der Auftraggeber „nicht prüfbar" behauptet
- Entscheidend ist, ob Ihre Rechnung den Prüfmaßstab erfüllt und ob der Auftraggeber rechtzeitig und begründet Einwendungen erhoben hat
- Kommt der Einwand verspätet oder nur pauschal, ist Ihre Forderung bereits fällig, Verzug liegt vor, und der Auftraggeber kann sich später nicht mehr auf mangelnde Prüfbarkeit berufen
An diesem Punkt verschenken viele Betriebe Geld. Sie lassen sich durch den Stempel „nicht prüfbar" einschüchtern und nutzen ihre eigene Rechtsposition überhaupt nicht.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Schlussrechnung geht am 15.09. raus, Betrag 47.000 €. Am 10.10. kommt ein Schreiben: „Rechnung nicht prüfbar." Mehr nicht. Der Betrieb schreibt die Rechnung komplett um, reicht sie am 05.11. neu ein. Der Auftraggeber zahlt am 15.12.
Rechtsfolge: Der Betrieb hätte ab 15.10. (30 Tage nach Rechnungszugang) Verzugszinsen geltend machen können – wenn er dokumentiert hätte, dass die erste Rechnung prüfbar war und der Einwand nicht substanziiert erfolgte. Stattdessen hat er durch das Umschreiben faktisch eine neue Prüffrist ausgelöst. Kostenpunkt: ca. 60 Tage Zinsverlust plus unbezahlte Bürozeit.
Die drei häufigsten Fehler im Umgang mit „nicht prüfbar"
In der Beratung von Malerbetrieben sehe ich immer wieder dieselben Muster:
1. Sofortiges Umschreiben der gesamten Rechnung
Die Rechnung wird „im Sinne des Auftraggebers" komplett neu aufgezogen, statt gezielt nur dort nachzubessern, wo es wirklich erforderlich ist.
Folge: Viel unbezahlte Bürozeit, neue Fehlerquellen, faktische Neustellung der Frist – aber kein rechtlicher Mehrwert.
2. Blinde Akzeptanz des Einwands
Der Einwand „nicht prüfbar" wird ohne Gegenprüfung akzeptiert. Es wird nachgereicht, was der Auftraggeber fordert, ohne zu dokumentieren, ab wann die Rechnung aus Sicht des Auftragnehmers prüfbar war.
Folge: Die eigene Rechtsposition wird nicht gesichert. Später ist kaum noch nachvollziehbar, ob der Auftraggeber seinen Einwand überhaupt rechtzeitig erhoben hat.
3. Fehlende Dokumentation der Zeitachse
Weder der Zeitpunkt des Einwands noch die eigene Einschätzung zur Prüfbarkeit werden schriftlich festgehalten.
Folge: Im Streitfall können Sie Ihre Position nicht mehr beweisen. Die Dokumentationslast liegt bei Ihnen – wenn Sie sie nicht erfüllen, steht das Wort gegen Wort.
Alle drei Varianten spielen dem Auftraggeber in die Karten und kosten Sie Zeit, Nerven und vor allem Liquidität.
Was Sie sich als Malerbetrieb unbedingt merken sollten
Für das Objektgeschäft lassen sich fünf Kernaussagen festhalten:
1. Prüfbar ≠ fehlerfrei
Ihre Rechnung darf Fehler enthalten und ist trotzdem prüfbar. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber sie nachvollziehen und Fehler erkennen kann. Über einzelne Positionen wird anschließend gestritten – aber nicht über die Prüfbarkeit als Ganzes.
2. Der Einwand „nicht prüfbar" ist frist- und inhaltlich begrenzt
Auftraggeber müssen fehlende Prüfbarkeit innerhalb der Prüf-/Zahlungsfrist und mit konkreter Begründung rügen. Spätere oder pauschale Einwände sind rechtlich deutlich schwächer, als sie wirken.
3. Ist die Rechnung prüfbar, läuft die Fälligkeit – unabhängig von der Meinung des Auftraggebers
Wird die Prüfbarkeit nicht rechtzeitig und konkret angegriffen, gilt Ihre Rechnung als prüfbar. Die Forderung wird fällig, Verzug kann eintreten – und „nicht prüfbar" verliert seine Sperrwirkung.
4. Dokumentation schlägt Diskussion
Halten Sie schriftlich fest: Wann ging die Rechnung raus? Wann kam welcher Einwand? Was haben Sie nachgereicht? Warum war die Rechnung aus Ihrer Sicht prüfbar? Diese Dokumentation ist im Streitfall Gold wert.
5. Ohne Strategie verschenken Sie systematisch Geld
Wenn Sie regelmäßig mit dem Einwand „nicht prüfbar" konfrontiert werden und das Gefühl haben, permanent hinterherzulaufen, liegt das selten an der Rechtslage – sondern meist an fehlenden Strukturen im Büro.
Was das für Ihren Betrieb bedeutet
Die Schlussrechnung ist einer der sensibelsten Punkte im Objektgeschäft. Hier entscheidet sich, ob Sie planbar zu Ihrem Geld kommen oder ob Sie monatelang Ihr Geld hinterherlaufen.
Entscheidend sind dabei nicht in erster Linie die handwerklichen Leistungen auf der Baustelle, sondern drei Faktoren im Büro:
- Wie bauen Sie Ihre Schlussrechnungen auf?
- Wie reagieren Sie auf Einwände des Auftraggebers?
- Wie dokumentieren Sie die Zeitachse und Ihre Rechtsposition?
Wenn Sie hier klare Standards haben – Musterformulierungen, Checklisten, Fristen-Controlling – dann wirkt der Einwand „nicht prüfbar" plötzlich gar nicht mehr so bedrohlich. Dann wissen Sie genau, wann Sie nachbessern müssen und wann Sie auf Zahlung bestehen können.
Genau hier setzen meine Seminare für Inhaber und Meister von Malerbetrieben an:
- Aufbau prüfbarer Schlussrechnungen
- Professioneller Umgang mit Einwänden
- Taktische Kommunikation mit Auftraggebern
- Fristenkontrolle und Dokumentation
- Rechtssichere Durchsetzung von Forderungen
Das Ziel ist nicht, „schönere" Rechnungen zu schreiben. Das Ziel ist, rechtssicher und planbar zu Ihrem Geld zu kommen – auch dann, wenn in der Rechnung zwischendurch einmal Fehler auftauchen.
Denn eines ist klar: Liquidität ist kein Zufall. Liquidität ist das Ergebnis klarer Prozesse.
Wenn Sie regelmäßig mit Zahlungsverzögerungen zu kämpfen haben oder den Einwand „nicht prüfbar" satt haben, dann lassen Sie uns sprechen. In meinen Seminaren und im Coaching zeige ich Ihnen, wie Sie vom reagierenden Bittsteller zum souveränen Forderungsinhaber werden.





